Vorstandssitzung vom 9. November: Sechs Gutachten angenommen und weitere Themen im Fokus

Am Montag, dem 9. November tagte der SYVICOL-Vorstand im hauptstädtischen Rathaus. Im Mittelpunkt der prall gefüllten Tagesordnung standen eine ganze Reihe von Gutachten sowie eine Diskussion um den Schutz und das Statut des Kommunalpolitikers im Allgemeinen.

Vorab hieß SYVICOL-Präsident Emile Eicher das neue Mitglied Jean-Paul Schaaf willkommen. Der Député-Maire aus Ettelbrück vertritt in Zukunft die Interessen der Gemeinden Bissen, Colmar-Berg, Mertzig, Schieren sowie seiner Heimatgemeinde im Städte- und Gemeindebund. Schaaf ersetzt André Schmit, der sich aus der Kommunalpolitik zurückgezogen hat.

Nach der Entlassung eines Vollzeitbürgermeisters durch seinen privaten Arbeitgeber im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen - bereits Inhalt einer parlamentarischen Anfrage - thematisierte der Vorstand den Schutz und das Statut des Kommunalpolitikers im Allgemeinen. Dazu Emile Eicher: „Was uns enorm beunruhigt ist, dass einer unserer Kollegen nun in seinem Congé politique entlassen wurde. Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass so etwas möglich ist. Nachdem wir die Sachverhalte aus juristischer Sicht analysiert haben, mussten wir feststellen, dass wir uns bislang nie Gedanken über unser Statut gemacht haben. Es stellt sich auch die Frage, inwieweit wir als Kommunalpolitiker überhaupt über ein solchen Statut verfügen. Die Antwort lautet, dass wir keinen haben.“

„Im benachbarten Ausland sehen die kommunalen Gesetzgebungen unterschiedliche Schutzmechanismen und Statute für Kommunalpolitiker vor“, so Eicher weiter. Im Rahmen einer Sitzung mit Innenministerin Taina Bofferding werde man am Mittwoch, dem 11. November, diese Problematik zur Sprache bringen, da „eine solche Situation neu ist und wir verhindern wollen, dass sie in Zukunft Menschen davor abschreckt, sich politisch zu engagieren.“ Eine Arbeitsgruppe soll sich zudem mit dem Thema befassen.

Sekretär Gérard Koob gab dann Überblick über die finanzielle Lage des SYVICOL und stellte die Budgetvorlage vor. Diese sieht steigende Ausgaben vor um den Erwartungen, die die Kommunalpolitiker im Rahmen einer Umfrage im Juni/Juli zum Ausdruck brachten, besser gerecht zu werden. Dazu gehören zusätzliche Personalkosten, aber auch die finanziellen Mittel, um die Kommunikation und den Austausch zwischen den Gemeindepolitikern weiter zu verbessern, ebenso wie für das Erstellen eines Fortbildungsangebots für kommunale Mandatsträger. Auf der Seite der Einnahmen wird das SYVICOL deshalb seinen Mitgliedsbeitrag von 1,30 Euro pro Einwohner auf 1,50 Euro pro Einwohner der Mitgliedsgemeinden erhöhen müssen. „Wir wollen die Gemeinden aber nicht zu sehr belasten. Deswegen diese Anpassung, wohl wissend, dass wir auf unsere Reserven zurückgreifen müssen, die von rund 1.060.000 Euro 2019 auf 560.000 Euro Ende 2021 sinken werden“, so Präsident Emile Eicher erklärend. Die ordentlichen Einnahmen steigen von 839.847,20 Euro im rektifizierten 2020er Budget auf 993.447 Euro im Budget 2021. Auf der Ausgabenseite stehen im ordentlichen Bereich dem gegenüber im rektifizierten 2020er Budget 983.249,08 zu 1.218360 Euro für 2021, was einem Plus von rund 24 Prozent entspricht. Die 2021er Budgetvorlage wurde, genau wie das das rektifizierte 2020er Budget vorab, einstimmig vom Vorstand gutgeheißen.

Reichlich Sorgen bereiten Emile Eicher mit Blick auf das Staatsbudget indes nach wie vor die Einkommensverluste der Gemeinden, auch wenn diese weniger hoch ausfallen als ursprünglich prognostiziert. „Es sind nicht nur die minus 340 Millionen, die auf uns zukommen, sondern die gesamten Einkommensverluste in Höhe von 1,3 Mrd. Euro, die möglicherweise bis 2023 drohen, die mir richtig Angst machen.“ Tatsächlich muss man, im Vergleich zur mehrjährigen Finanzplanung die Ende 2019 aufgestellt wurde, jedes Jahr mit einem Ausfall von über 300 Mio. Euro rechnen.

Als positiv bewerte Eicher indes, dass die Zuschüsse des Innenministeriums für Schulgebäude von 35 auf 40 Prozent erhöht worden seien. „Dennoch haben einige Gemeinden finanzielle Probleme, denn längst nicht alle verfügen über solide Polster für Notzeiten“. Im weiteren Verlauf der Sitzung stellte Eicher eine ganze Reihe von Forderungen und Überlegungen vor, die das SYVICOL im Rahmen seines Gutachtens zum 2021er Staatshaushalt, dem wichtigsten Gesetz des Jahres, ausgearbeitet hat.

Neu ist, dass das SYVICOL in diesem Jahr erstmals offiziell mit der Haushaltsvorlage befasst wurde. Eicher erwähnte in dem Zusammenhang auch, dass sich das SYVICOL bereits mit dem Budgetberichterstatter François Benoy ausgetauscht habe und ihm seine Forderungen und Überlegungen mit auf den Weg gegeben habe.

Weiter ging es dann mit der Vorstellung des Gutachtens zum Gesetzesprojekt N°7653 zur Schaffung des Klimapaktes 2.0. Vorstandsmitglied Guy Wester bedauerte, dass das Gemeindesyndikat zwar informiert, aber nicht offiziell mit der Gesetzesentwurf befasst worden sei. Die neue Version des Paktes bietet im Vergleich zur aktuellen Version eine ganze Reihe von Neuerungen, darunter thematische Zertifizierungen und die Möglichkeit für die Gemeinden die Dienste eines spezialisierten Klimaberaters in Anspruch zu nehmen. Insgesamt gesehen ist das SYVICOL der Ansicht, dass angesichts des Erfolges des aktuellen Klimapaktes und der zum Teil erheblichen Anstrengungen der Gemeinden, die zur Umsetzung der nationalen Ziele beitragen, eine zusätzliche finanzielle Unterstützung seitens des Staates zu erwarten gewesen wäre. Das SYVICOL begrüßt derweil die Einsetzung eines „Klimaschöffen“ als fester Bestandteil des sogenannten Klimateams, betont aber im gleichen Atemzug, dass dieses Team lediglich über eine beratende Funktion verfügt. Die Vorschläge des Klimateams werden zur Kenntnis genommen, die Entscheidungen aber auf Gemeindeebene getroffen. Eine Anmerkung noch zu den Beratern an sich: Gemeinden können sich deren Dienste teilen, womit einer regionalen Zusammenarbeit nichts im Wege steht.

Die Anmerkungen und Kommentare im Gutachten zum Naturpakt (Gesetzentwurf Nr. 7655) gehen mehr oder weniger in die gleiche Richtung wie beim Klimapakt. Auch hier wurde kritisiert, dass das SYVICOL nicht offiziell mit dem Gesetzesentwurf befasst wurde, obwohl der Natur- und Umweltschutz zu den Pflichtaufgaben der Gemeinden zählen, wie Guy Wester hervorhob. Die Struktur des künftigen Naturpakts ähnelt der des Klimapakts: Die unterzeichnenden Gemeinden verpflichten sich, auf ihrem Gebiet die in einem Katalog aufgeführten Maßnahmen durchzuführen, um eine Zertifizierung und damit eine staatliche Subvention zu erhalten. Dabei werden sie von einem Naturpakt-Berater und einem Naturpakt-Team unterstützt. Der entscheidende Unterschied zum Klimapakt besteht aber darin, dass zertifizierte Gemeinden verpflichtet sind, jährlich Mindestfortschritte zu erreichen, andernfalls finanzielle Sanktionen drohen. Das SYVICOL ist formell gegen eine solche Bestimmung, da sie die Gemeinden benachteiligt, anstatt sie zu fördern. Zudem legt das SYVICOL großen Wert darauf, dass es eine klare Rollenverteilung der Berater gegenüber den politischen Entscheidungsträgern, aber auch gegenüber bestehenden Strukturen wie Biologischen Stationen oder Naturparks geben muss.

Anschließend wurde das SYVICOL-Gutachten zum Gesetzesentwurf N°7640 bezüglich einer Anpassung des Gesetzes zum „aménagement du territoire“, die im Zusammenhang mit den sektoriellen Leitplänen steht, vom Vorstand angenommen.

Das nächste Gutachten betraf eine Anpassung der nationalen Gesetzgebung an ein EU-Regelwerk bezüglich der Personalausweise der EU-Bürger und der Aufenthaltsbescheinigungen der Mitglieder ihrer Familie hinsichtlich des freien Personenverkehrs. Dabei handelt es sich um die geplante Einführung von Ausweisen, die mit einem digitalen Fingerabdruck und mit weiteren biometrischen Daten versehen sind. Wichtig sei es, so das SYVICOL, die Gemeinden sowie das Gemeindesyndikat SIGI zeitnah zu informieren.

Eine weitere Anpassung gibt es bei einem großherzoglichen Reglement in Sachen Ausbildung bei den Gemeindebediensteten. Das SYVICOL begrüßt in dem Zusammenhang die Reduzierung der Stundeanzahl bei der sogenannten „formation générale“ während der Stage-Zeit und weist daraufhin, dass mittlerweile auch eine Reform der „formation spéciale“ im Rahmen einer Arbeitsgruppe in Angriff genommen wurde.

Die neu zu besetzenden Posten im Rahmen der Erneuerung der Luxemburger Delegation im Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates (KGRE) werden Dan Biancalana (LSAP), der, als Delegierter, die Nachfolge des langjährigen Präsidenten Jean-Pierre Klein (LSAP) antritt, sowie Tom Jungblut (CSV), als stellvertretender Delegierter und Ersatz für Fréd Ternes (CSV), einnehmen. Desweiteren wurden diverse Posten in folgenden Organen neu besetzt: Im „Conseil arbitral de la sécurité sociale“ ersetzt Alex Donnersbach (CSV) Gilles Roth (CSV). Im „Conseil supérieur de la sécurité sociale“ kommen Max Hengel (CSV) und Marie-Paule Engel-Lenertz (LSAP) für Pierre Mellina (CSV) und Jean-Pierre Klein zum Einsatz. Den freien Platz in der „Commission centrale“ übernimmt ebenfalls Max Hengel, derweil die vakante Stelle im „Conseil supérieur des finances communales“ in Zukunft von Jeff Gangler bekleidet wird.

Emile Eicher berichtete im Folgenden über die Aktivitäten des Büros. Dabei ging er unter anderem auf ein Treffen mit Innenministerin Taina Bofferding ein, bei dem sich das SYVICOL dafür einsetzte, dass die Sitzungen des Schöffenrates wegen der sanitären Krise auch per Video-Konferenz abgehalten werden können, damit es nicht zu Blockaden auf Gemeindeebene kommt. Die Innenministerin reagierte prompt, mittlerweile wurde bereits ein diesbezüglicher Gesetzesentwurf in der Chamber deponiert.

Die Auswirkungen auf die Gemeindefinanzen waren das Hauptthema bei einer SYVICOL-Sitzung mit Innenministerin Taina Bofferding am 8. Oktober. Zudem wurden dabei die Ergebnisse der bereits erwähnten Umfrage vorgestellt, sowie die Forderung nach einer obligatorischen Konsultation des SYVICOL zu allen Gesetz- und Reglementsentwürfen die die Gemeinden betreffen erneuert.

Unter dem Punkt Allgemeines meldete sich Laurent Zeimet zu Wort. Er habe festgestellt, dass er seit geraumer Zeit als Bürgermeister seitens des CGDIS nicht mehr systematisch informiert werde, wenn in seiner Gemeinde Unfälle oder Brände passieren würden, sondern nur in dem Fall, wenn nach einem Brand ein Haus unbewohnbar sei und die Einwohner in eine Notunterkunft ziehen müssen. Er setzte sich dafür ein, dass die Bürgermeister wieder besser über die Einsätze des CGDIS in Kenntnis gesetzt werden.

Des Weiteren wies Laurent Zeimet darauf hin, dass kürzlich ein Bürgermeister wegen einer fehlerhaften Baugenehmigung strafrechtlich belangt wurde. Er forderte das SYVICOL auf, das entsprechende Urteil im Detail zu analysieren, da es einen Präzedenzfallcharakter haben könnte.

Ein weiteres Thema war abschließend die Volkszählung des STATEC im kommenden Jahr, die allein schon wegen der sanitären Bedingungen Fragen aufwerfen würde.

Die kommende Sitzung des Vorstandes findet am 7. Dezember statt.

Links zu allen Gutachten der Sitzung vom 9. November:


Photo: ©SYVICOL/Laurent Graaff

Publié le : 12.11.2020