Vorstandssitzung vom 11. Mai 2020: Corona-Massnahmen und Sorgen um „Schoul-Rentrée“

Gut gefüllt war am Montag, dem 11. Mai, die Tagesordnung der Vorstandssitzung des SYVICOL, der wegen der sanitären Bedingungen erstmals in seiner Geschichte im hauptstädtischen Rathaus tagte. Im Mittelpunkt standen dabei der chronologische Rückblick auf die Rolle und die Maßnahmen, die die Gemeinde und ihr Dachverband im Rahmen der Bekämpfung des Coronavirus in den letzten zwei Monaten eingenommen bzw. in die Wege geleitet haben sowie vor allem die Sorge um die „Schoul-Rentrée“ im Fondamental am kommenden 25. Mai, wo längst noch nicht alle Probleme gelöst sind. 

Eingangs der Sitzung bedankte sich Präsident Emile Eicher bei Lydie Polfer, der Bürgermeisterin der Stadt Luxemburg und 1. Vizepräsidentin des SYVICOL, für das Zurverfügungstellen des Sitzungsraumes. Als Hausherrin hieß Lydie Polfer die Mitglieder des SYVICOL-Vorstandes willkommen und zeigte sich hocherfreut darüber, die Presse so zahlreich erschienen sei. Polfer sprach in dem Zusammenhang auch von einer gro?en Solidarität auf Gemeindeebene untereinander und stellte in Aussicht, dass diese räumliche Ausweichmöglichkeit so lange und oft genutzt werden könne, wie es notwendig sei.

Im Folgenden ging Emile Eicher dann im Detail auf den chronologischen Ablauf der Maßnahmen ein, die das SYVICOL zusammen mit den 102 Gemeinden unternommen hat, um der Pandemie Herr zu werden. Den Auftakt machte eine Sitzung am 6 März mit der „Inspection sanitaire“, bei der das Thema Schule zwar im Mittelpunkt stand, obwohl zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht die Rede von einer Schließung der Schulen die Rede gewesen sei. Am Sonntag, dem 8. März, trafen sich die Verantwortlichen des SYVICOL dann mit der Gesundheitsministerin Paulette Lenert und der Innenministerin Taina Bofferding, um die Lage zu erörtern und sich Gehör zu verschaffen, was die Anliegen der Gemeinden betrifft. Am 16. und 18. März fanden Dringlichkeitssitzungen zwischen dem Innenministerium und SYVICOL statt. Am 7. April fand ein weiteres Treffen statt, bei dem zum ersten Mal der Weg aus der Krise diskutiert wurde. Es wurde erklärt, dass die Lockerung der Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie gemeinsam und im Einvernehmen mit den 102 Gemeinden erfolgen werde.

Austausch per Bürgermeister-Whatsapp-Gruppe 

Dann ging es Schlag auf Schlag. Als es ernst wurde, stellte die Stadt Luxemburg den Gemeinden ihren „Plan de pandémie“ zur Verfügung, als Vorlage für die kommunalen „Plans de continuité“. „Das hat es den Gemeinden ermöglicht, sich rasch auf die neue Begebenheit einzurichten“, kommentierte Emile Eicher. Es folgte das Einrichten der Bürgermeister-Whatsapp-Gruppe, die sich in den folgenden Tagen und Wochen als das geeignete Mittel schlechthin zum Austausch und zur Kommunikation entpuppen sollte. „Dynamisch und proaktiv konnten wir so untereinander unsere Erfahrungen und Informationen austauschen und die neue Arbeitsorganisation in den einzelnen Gemeindeverwaltungen unbürokratisch, schnell und unkompliziert umsetzen. Und das alle zusammen“, so der SYVICOL-Präsident weiter. 

Insgesamt 400.000 Masken für das Personal

Eicher ging dann auf das Thema Masken für das Gemeindepersonal ein und die damit einhergehende Verantwortung als Arbeitergeber. Frühzeitig - bereits am 27. März - sei man zum Entschluss gekommen, Masken für das Personal zu kaufen. Und spätestens nachdem die Regierung am 10. April hatte durchblicken lassen, dass das Gemeindepersonal in einer ersten Phase nicht beim Bereitstellen von Masken vorgesehen sei, wurde der Entschluss dann in die Tat umgesetzt. Gemeinsam mit der Stadt Luxemburg wurde eine Bestellung von 400.000 Masken in Auftrag gegeben für das Gemeindepersonal, die Angestellte und Mitarbeiter der Gemeindesyndikate und der Sozialämter. Zudem wurde ein dementsprechender Verteilungsschlüssel ausgearbeitet.

Die reibungslose Verteilung von insgesamt 275.200 Masken erfolgte später - genauer am 5. und 6. Mai - durch den Service „Voirie“ der hauptstädtischen Gemeinde und bildete die nächste Etappe. Zwischendurch hatten die 102 Gemeinden bereits 3,5 Millionen Masken an die Bürger Luxemburgs verteilt. Diese bislang beispiellose Aktion in der Geschichte Luxemburgs erfolgte nur ein paar Tage nachdem die Innenministerin Taina Bofferding am 15. April die Lieferung dieser Masken im Rahmen einer Arbeitssitzung mit dem SYVICOL angekündigt hatte. Die besagte Arbeitssitzung bei der dieser Beschluss gefasst und das Organisatorische besprochen wurde, dauerte im Übrigen fast sieben Stunden und wurde zu einer richtigen Marathon-Sitzung.

Parallel dazu liefen binnen kurzer Zeit 3 Arbeitssitzungen mit Unterrichtsminister Claude Meisch zwecks der Organisation der „Schoul-Rentrée“ im Fondamental, die bekanntlich für den 25. Mai vorgesehen ist. In dem Zusammenhang fand am 5. Mai auch eine gemeinsame Pressekonferenz zwischen Unterrichtsminister Claude Meisch und SYVICOL-Präsident Emile Eicher statt, bei der die Eckdaten en Detail vorgestellt wurden. Zudem fanden Arbeitssitzungen mit den SEA-Verantwortlichen statt, um auszuloten wie die Bedürfnisse im Bereich Betreuung aussehen und wie dort die Maßnahmen umgesetzt werden können.

„Trotzdem stellen sich noch eine ganze Reihe von Fragen“ so Emile Eicher, „auch wenn wir als Gemeinden mittlerweile klarer sehen“. Bei der von der Regierung durchgeführten Elternbefragung stellte sich heraus, dass rund 60 Prozent der Schüler aus dem Fondamental lediglich am Unterricht teilnehmen werden. Wobei sich allerdings Unterschiede zwischen den ländlichen Gemeinden und in den Städten, sprich den einzelnen Stadtvierteln, auftun. Zudem sei noch immer nicht gewusst, so Eicher, wie es um die sanitären Maßnahmen bestellt sei in den Grundschulen. Viele Klassensäle müssten zudem umgebaut werden, so Eicher weiter, was vor allem die kleineren Gemeinden vor erheblichen Herausforderungen stelle. Viele Kummerfalten und Sorgen bereite in erster Linie auch das Thema Transport, da einfach nicht ausreichend Busse zur Verfügung stehen würden.

Solidaritätsaktion und neue Rolle

Als gelungene Solidaritätsaktion, die von einem starken Zusammenhalt mit den betroffenen Gemeinden und zwischen den einzelnen Gemeinden Luxemburgs zeuge, bezeichnete Emile Eicher, die vom SYVICOL initiierte Aktion vom 9. Mai, wo im Rahmen des Europatages die Europaflagge in den Gemeinden gehisst wurde und eine Deklaration vorgetragen wurde, die sich für ein Europa der offenen Grenzen ausspricht. Diese Botschaft sei an die nationale und internationale Presse weitergeleitet worden. Zudem wurde eine Video-Botschaft produziert, die auf den sozialen Netzwerken des SYVICOL und darüber hinaus publiziert wurde.

Eicher ging dann auf die Auswirkungen der Gemeindefinanzen ein und sprach in dem Zusammenhang von einem „enormen Coup“ und davon, dass er hoffe, dass die Regierung die Gemeinden unterstützen werde, speziell jene fünf Gemeinden, wo die finanzielle Lage jetzt brenzlig werde. Zahlen nannte Eicher auch und verwies dabei auf das Rundschreiben N° 3834 der Innenministerin: -17,4% FGDC (Kommunaler Dotationsfonds) und -24,8 % der Participation directe ICC (Eigenbeteiligung an den Erträgen der Gewerbesteuer). Sein Appel ging aber auch dahingehend, dass die Gemeinden auf keinen Fall ihre Investitionen stoppen sollten, denn das hätte fatale Folgen für die Unternehmenswelt in Luxemburg.

Ein weiterer Punkt war die zukünftige Ausrichtung des SYVICOL und der Gemeinden über die Krise hinaus. Sowohl der Dachverband als auch die 102 Kommunen hätten sich als wichtige Partner der Regierung erwiesen. „Ich denke auch, dass die Solidarität unter den Gemeinden noch nie so groß war wie jetzt. Wir sitzen alle in ein und demselben Boot. Und daraus müssen wir Kapital ziehen“, so Eicher. Denn nach der Krise werde nichts mehr so sein wie davor. Speziell nicht in der Arbeitswelt, wo sich die Telearbeit und Videokonferenzen in dieser Krisensituation richtig bewährt hätten.

Wichtig sei es auch, so Eicher weiter, dass die Gemeinden diese Dynamik aufrechterhalten und das SYVICOL seiner Rolle „als Koordinator und Bindeglied zur Regierung“ weiterhin in der Form gerecht werden würde. Eicher unterstrich dabei auch, dass in Zukunft die direkte Kommunikation untereinander zwecks einer raschen Problemlösung grundlegend sei. Die jetzt in dieser Krisensituation gemachten Erfahrung seien in dem Zusammenhang als sehr positiv zu bewerten. Und die Bürgermeister-Whatsapp-Gruppe haben sich vollauf bewährt.

Anschließend ergriff Vorstandsmitglied Georges Mischo das Wort. Der Escher Bürgermeister schloss sich Eichers Worten an und bedankte sich bei ihm und seinem Team für die bislang geleistete Arbeit. Dan Biancalana, Vizepräsident des SYVICOL, schlug in die gleiche Kerbe, und betonte, dass sich das SYVICOL bei der Umsetzung der Maßnahmen als „ein sehr konstruktiver und zuverlässiger Partner für die Regierung entpuppt hätte“. Zusammen mit den Gemeinden sei die Krise bislang sehr gut gemanagt worden. Es wäre wünschenswert, so Biancalana weiter, „wenn das SYVICOL in Zukunft mehr Aufmerksamkeit bekäme als bislang“. 

Lydie Polfer unterstrich in ihren Ausführungen, wie wichtige die Rolle der Gemeinde im Kontext dieser Krisensituation sei. „Die Gemeinden und ihre Dienste, speziell die aus dem sanitären Bereich, haben eine entscheidende Rolle gespielt“, so Lydie Polfer, die dabei die Arbeit all jener, die Tag für Tag in diesen Bereichen ihren Dienst verrichten, hervorhob. Man müsse jetzt die richtigen Lehren aus dieser Krise ziehen und für die nächste, die gegebenenfalls nicht auf einer sanitären, sondern technologischen Ebene stattfinde, gewappnet sein. „Das schwerste liegt aber noch vor uns“, so Polfer weiter. „Und das ist der Schulbeginn am 25. Mai. Es ist eine immense Herausforderung ans Personal, die Logistik und den Bereich Transport. Noch sind diese Probleme aber längst nicht alle gelöst.“

Vorstandsmitglied Annie Nickels-Theis sah dies genauso. „Ich mache mir Sorgen darum, dass wir all das bis zum 25. Mai gestemmt kriegen“, so die Bürgermeister von Bourscheid. Vorstandsmitglied Romain Osweiler pflichtete ihr bei und ging in seinen Ausführungen auch auf die die anti-deutschen Ressentiments ein, die sich in den letzten Wochen bei der Luxemburger Bevölkerung, speziell in den Grenzgemeinden, zeigen würden. Aus Enttäuschung sei zunächst Frust, dann Wut geworden, so der Rosporter Bürgermeister. „Es wird schwer werden all dies wieder zu kitten. Das Schließen der Grenzen hat Spuren hinterlassen. Ich habe eine ganze Reihe von Reaktionen und Nachrichten bekommen, die zeigen, wie tief diese Aktion sitzt und was ein solch nationalistischer Reflex ausgelöst hat“, so Osweiler. 

Auch SYVICOL-Vizepräsident Louis Oberhag fand lobende Worte für die Arbeit, die die Mannschaft des SYVICOL in den letzten Wochen geleistet habe und hob in seinen Ausführungen auch das Miteinander unter den Gemeinden hervor das sich auch am 9. Mai, dem Europatag, deutlich gezeigt habe. Diese Solidarität und Kommunikation müsse, so Oberhag, über die Krise hinaus erhalten bleiben, der aber auch davor warnte, die Problematik mit der Schlie?ung der Grenzen und der Folgen daraus zu unterschätzen.

Applaus an das SYVICOL-Personal 

Nach Oberhag griff erneut Lydie Polfer das Wort. Die Krise habe in ihren Augen auch und vor allem gezeigt, wie verletzbar Luxemburg sei. „Wir hängen von ganz vielen Menschen, Partnern und Nachbarländer ab. Und es hätte kaum einer gedacht, dass es so kommt wie es kam in der Krise.“ Und das zu einem Zeitpunkt, wo der Rückblick und die Rückbesinnung auf den Überfall Nazideutschlands und seine Kapitulation vor 80 bzw. vor 75 Jahren in den Medien und dem Bewusstsein der Menschen hierzulande allgegenwärtig seien. Es gelte, so Polfer unmissverständlich, auf keinen Fall, diese Ressentiments zu schüren.

Präsident Emile Eicher schloss die Diskussionen mit seinem Dank ans Personal, das eine hervorragende Arbeit verrichtet habe. Dabei verfüge das SYVICOL nur über eine knappe Handvoll Mitarbeiter. Nach dem Beifall der SYVICOL-Vertreter stellte dann die Firma Hotcity die neue SYVICOL-App vor, die seit ein paar Tage zuverlässig ihren Dienst verrichtet und in den App-Stores für iOS- und Android-Smartphones heruntergeladen werden kann. 

Genehmigt wurden, im Verlauf der zweistündigen Sitzung, auch die Abschlusskonten des Dachverbandes der Städte und Gemeinden für das Jahr 2018, die einen Überschuss von 1.003.318.64 Euro aufweisen und keinen Anlass zu Anmerkungen seitens des Innenministeriums. Die nächsten Vorstandssitzungen finden am 8. Juni und 13. Juli statt.

Im Rahmen der Sitzung wurde auch der halbtägige C1-Posten in der Verwaltung des SYVICOL neu besetzt. Diese Ausschreibung war notwendig geworden nachdem eine Person ihre Rentenansprüche für den kommenden 1. August geltend gemacht hat. Beschlossen wurde zudem, einen offenen A1-Posten neu auszuschreiben. Gusty Graas (DP, Schöffe der Gemeinde Bettemburg) wurde als Mitglied des „Comité Européen des Régions“ zurückbehalten, Vincent Reding (CSV, Bürgermeister von Weiler-la-Tour) als Ersatzmitglied. Erneuert wurden auch die Mandate von Jean-Marie Sadler als Vertreter des SYVICOL innerhalb des „Comité d’accompagnement en matière d’établissements classés“. Ersatz ist hier Louis Oberhag. Verlängert wurde ebenfalls das Mandat von Gérard Koob als SYVICOL-Vertreter beim GIE „Security made in Luxembourg“. 


Foto: © Luxemburger Wort / Anouk Anthony

Publié le : 12.05.2020