Vorstandssitzung vom 8. Juni: Gemeindefinanzen im Fokus

Wegen der sanitären Krise tagte der Vorstand des SYVICOL am Montag, dem 8. Juni, erneut im hauptstädtischen Rathaus. Hervorgehoben seien an dieser Stelle vor allem die Diskussionen rund um die Gemeindefinanzen vor dem Hintergrund der Corona-Krise.

Eingangs der Sitzung wurden zwei Personalangelegenheiten behandelt. Anschlie?end stellte Vanessa Schmit den anwesenden Vorstandsmitgliedern kurz das Projekt des gro?herzoglichen Reglements betreff des Unterrichts und der Abschlüsse an den Musikschulen für das Schuljahr 2019/2020 vor. Besagtes Projekt wurde aus Dringlichkeitsgründen bereits am 28. Mai vom Regierungsrat gutgehei?en, war aber mit der nationalen Programmkommission, in der Vorstandsmitglied Raymonde Conter-Klein das SYVICOL vertritt, in der jetzigen Fassung abgesprochen. Zielsetzung ist die für die Wiederaufnahme des Musikunterrichts notwendige Anpassung der Programme und Abschlüsse.

Einstimmig angenommen wurde dann eine Resolution gegen das Vorhaben der belgischen Regierung, ein Atommüllendlager in direkter Nachbarschaft zu Luxemburg zu errichten. In dem Schreiben wird die zuständige Behörde ONDRAF au?erdem zu mehr Transparenz in Sachen Lagerung aufgefordert. Das SYVICOL stellte den 102 Gemeinde die besagte Resolution, die in Zusammenarbeit mit dem „Nationalen Aktiounskomité géint Atomkraaft“ verfasst wurde, zwecks Verabschiedung zur Verfügung. Damit werden die Regierung und die Ministerien seitens der Gemeinden sowie Syndikate in ihren Aktionen und Ma?nahmen gegen das geplante Projekt unterstützt, das sich noch bis zum 14. Juni in einer grenzüberschreitenden Konsultierungsphase befindet.

Finanzen der kleinen Gemeinden bereiten Sorgen

Im Folgenden ging Emile Eicher auf das Thema Gemeindefinanzen ein und gab noch einmal einen Überblick auf das erwartete Minus in den Gemeindekassen. Bereits während der Vorstandssitzung am vergangenen 11. Mai hatte der SYVICOL-Präsident die Lage als „ernst“ bezeichnet. -17,4% beim kommunalen Dotationsfonds (FGDC) und -24,8 % bei der Eigenbeteiligung an den Erträgen der Gewerbesteuer bedeuten Mindereinnahmen von rund 420 Millionen Euro. „Das ist der Stand heute und niemand kann uns sagen, ob das so bleiben oder ob sich die Lage nicht noch verschlimmern wird“, so Eicher, der ebenfalls darauf hinwies, dass zahlreiche Gemeinde Hilfspakete für die Rettung der lokalen Geschäftswelt geschnürt haben, was mit zusätzlichen Ausgaben verbunden sei.

„Es sind vor allem die kleinen Gemeinden, die nicht wissen, wie sie mit dieser Situation umgehen sollen. Sie bereiten mir Sorgen. Und niemand wei?, ob im Herbst nicht eine zweite Corona-Welle droht“, so Eicher weiter. Klar sei aber auch, dass die Gemeinde kein Investitionsstopp machen könnten, da dies fatale Folgen auf die lokalen Betriebe sowie regionale Unternehmen und damit auf die gesamte Wirtschaft unseres Landes hätte. Der einzige Ausweg sei eine finanzielle Unterstützung seitens des Staates. Eicher forderte zudem ein konsequentes Anheben der Subsidien seitens des Staates, diese unterliegen sehr oft einer Deckelung, die in manchen Bereich nicht angehoben wurden (u.a. Maisons Relais). Ein Lichtblick sei in der Hinsicht, dass das Innenministerium den Prozentsatz seiner Subsidien von 35 auf 40 Prozent angehoben hat.

Bei den anschlie?enden Wortmeldungen sprachen sich sowohl SYVICOL-Vizepräsident Dan Biancalana als auch Vorstandsmitglied Georges Mischo für einen Kassensturz bzw. eine Bestandsaufnahme im Herbst aus. Es sei nämlich gegenwärtig noch zu früh und demnach nicht genau absehbar, wie sich die finanzielle Lage der Gemeinden entwickeln werde, so die Bürgermeister aus Düdelingen und Esch. Einig waren sie die beiden auch darin, dass alles getan werden müsse, um eine zweite Welle im Herbst zu vermeiden, wobei es gegenwärtig trotzdem schwierig sei den Menschen zu vermitteln, warum die Spielplätze nach wie vor geschlossen seien, so jedenfalls Georges Mischo.

Bei den kleinen Gemeinden macht man sich indes reichlich Gedanken, wie man die beiden Enden zusammenkriegen wird, so jedenfalls Vorstandsmitglied Annie Nickels-Theis, Bürgermeisterin von Bourscheid, unmissverständlich: „Für unsere Gemeinde ist es jedenfalls keine Lösung Kredite aufzunehmen, da wir nicht wissen, wie wir sie zurückzahlen. Durch das prognostizierte Minus bei den Einnahmen wird es ohnehin schwierig werden, die geplanten Projekte umzusetzen. Und unsere Reserven sind überschaubar“. Ähnlich sieht Romain Osweiler, Bürgermeister von Rosport, die Lage. „Der Appel zu investieren ist schön und gut. Klar ist auch, dass der Staat in der Hinsicht die Unterstützung der Gemeinden braucht, um seine antizyklische Investitionspolitik fortführen zu können. Was aber, wenn die Gemeinden dies nicht können, da sie bereits jetzt finanziell zu stark belastet sind und keinen Spielraum mehr haben?“. In die gleiche Kerbe schlug auch Paul Engel, Bürgermeister von Grosbous, den dieselben Sorgen plagen.

Komplexität bei den Genehmigungsprozeduren nicht mehr tragbar

Lydie Polfer, 1. Vizepräsidentin des SYVICOL, zog zunächst ein positives Zwischenfazit bei der bisherigen Lockerung der sanitären Ma?nahmen. Investitionen auf Gemeinden seien einerseits notwendig, da sie dem Neustart der Wirtschaft unseres Landes zugutekommen. Andererseits bedeute dies, dass auf Gemeindeebene weitere Kredite aufgenommen werden müssen. Polfer sprach in dem Zusammenhang von einer „Mischung aus Investieren und Mehrverschuldung“, was zweifellos ein schwieriger Spagat ist.

Die hauptstädtische Bürgermeisterin nutzte die Gelegenheit, um darauf hinzuweisen, dass die Komplexität der Genehmigungsprozeduren bei bestimmten Ministerien die wirtschaftliche Tätigkeit nicht nur auf dem Gebiet der Stadt Luxemburg lähme. Das sei gegenwärtig nicht mehr länger tragbar. Es sei an der Zeit, den Premierminister mit dieser Problematik zu befassen.

SYVICOL-Präsident Emile Eicher pflichtete Lydie Polfer voll und ganz bei und sprach sich dafür aus, dieses Anliegen sowie die Forderung nach einer allgemeinen finanziellen Unterstützung der Gemeinden durch den Staat an den Premierminister heranzutragen. Ein Treffen mit Xavier Bettel und einer Reihe von Ministern hat für Eicher denn auch oberste Priorität zumal im benachbarten Deutschland die Kommunen erhebliche finanzielle Unterstützung von der Bundesregierung bekommen. Zudem wiederholte Eicher in dem Zusammenhang erneut, dass die Investitionstätigkeit der Gemeinde vorrangig zur Stärkung der lokalen Betriebe und regionalen Unternehmen beiträgt und so ein entscheidender Faktor bei der Krisenbewältigung und der Ankurblung der Wirtschaft sei. „Kurzfristig geht es aber darum, den Gemeinden unter die Arme zu greifen, die bereits jetzt ernste finanzielle Sorgen haben. Hinzu kommt, dass die finanziellen Polster der Gemeinden recht unterschiedlich sind.“

Vizepräsident Guy Wester fügte hinzu, dass die von Lydie Polfer angesprochenen Probleme bei den Genehmigungsprozeduren sich nicht nur als Hürden für die Gemeinden erweisen, sondern in der Tat auch vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen in ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit reichlich Kopfzerbrechen bereiten. In Krisenzeiten sei das nicht mehr hinnehmbar, so Wester weiter. Vizepräsident Serge Hoffmann fügte hinzu, dass es auch höchste Zeit sei, die Kostenverteilung zwischen Staat und Gemeinden bei der Ausstattung der Schulen (u.a. IT-Material) zu überdenken. Es fehle in der Hinsicht nach wie vor an klaren Antworten Seiten des zuständigen Ministeriums und das könne angesichts der Mindereinnahmen nun nicht mehr zu Lasten der Gemeinden gehen.

Diskussionen wegen Videokonferenz

Für Diskussionen sorgte anschlie?end der fünfte Punkt auf der Tagesordnung. Dabei ging es, vor dem Hintergrund der Corona-Krise und der damit verbundenen sanitären Ma?nahmen, um drei Gutachten zu Gesetzesentwürfen: die Teilnahme an der Gemeinderatssitzung bis zu zwölf Monate nach Ende des Ausnahmezustandes per Videokonferenz, der Informationsversammlung zur PAG-Prozedur ebenfalls per Videokonferenz sowie dem Abhalten der Hochzeitszeremonie in einer anderen Räumlichkeit als der Gemeinde. Letztlich einigten sich die SYVICOL-Vertreter darauf, dass die Teilnahme per Videokonferenz an der Gemeinderatssitzung nur für sogenannte „personnes vulnérables“, Lokalpolitiker also, die nachweislich erkrankt oder gesundheitlich angeschlagen sind, geltend sein soll. Die physische Anwesenheit sei im Sinne des demokratischen Austausches unumgänglich und soll demzufolge die Regel bleiben.

Zum Schluss informierte Sekretär Gérard Koob noch über die Tätigkeiten des SYVICOL-Büros, bei der die Video-Sitzungen mit dem Innenministerium sowie Treffen mit dem Unterrichtsministerium dominierten. Lydie Polfer, der 1. Vizepräsidentin des SYVICOL, oblag es dann die zweistündige Vorstandssitzung aufzulösen. Sie hatte im Verlauf der Zusammenkunft den Vorsitz übernommen, nachdem Präsident Emile Eicher einen Termin in seiner Gemeinde Clerf wahrnehmen musste. Die kommende Sitzung des Vorstandes wird am 13. Juli stattfinden.

 

Foto: © Luxemburger Wort / Anouk Anthony

Publié le : 12.06.2020